Werbung

Aurel Schmidt: "Seitenwechsel"

<< [ 1 | (...) | 51 | 52 | 53 | 54 | 55 | 56 | 57 | 58 | 59 | 60 | (...) | 206 ] >>

Das Mass der Milde für Straftäter

Straffällige, die im Gefängnis ein Leben in Saus und Braus führen, gehören zum Empörungsthema am Stammtisch. Ganz falsch sind sie trotzdem nicht, wie zwei Beispiele zeigen, die in den Medien unlängst für Aufsehen sorgten.
 
Für den 18-jährigen Messerstecher Carlos musste ein "Sonder-Setting" eingerichtet werden, da alle Einweisungen in Gefängnisse, Heime und Kliniken nach kurzer Zeit wegen Renitenz abgebrochen werden mussten. Carlos war gewohnt, Forderungen zu stellen: höheres Taschengeld, Gokart-Fahrten in der Freizeit, Armani-Parfüm, Cannabis und Marihuana, Thai-Boxkurse. Das Entgegenkommen, das er erfuhr, war gross.
 
29‘000 Franken wendete der Kanton Zürich im Sinn einer Resozialisierung für ihn monatlich auf. Eine Traumkarriere auf Kosten der Steuerzahler. Mancher Schweizer hätte ebenfalls gern so gelebt.
 
Der zweite Fall. Der 39-jährige, 2003 zu einer 20-jährigen Haftstrafe verurteilte mehrfache Sexualstraftäter Fabrice Anthamatten hatte während eines Freigangs auf dem Weg zu einer Reitstunde seine Sozialbetreuerin vergewaltigt und ermordet. Vier Tage später wurde er verhaftet.
 
Zu Recht war die Verständnislosigkeit in beiden Fällen gross. Wieso Freigang? Wieso Reitstunde? Wieweit soll und darf Milde gehen? Ich glaube aber, dass die in der Diskussion aufgeworfenen Fragen anders hätten lauten müssen.

Etwa: Wozu ist Strafe gut? Der liberale Strafzweck sieht sein Ziel in der Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der gestörten Ordnung. Er ist weder Vergeltung, noch Sühne, sondern ein Versuch, den Straffälligen zur Einsicht in das begangene Unrecht zu bringen.
 
Aus diesem Grund hat die Resozialisierung an Bedeutung gewonnen. Das ist eine noble Einstellung. Die Kehrseite ist die Therapie-Industrie, die sich darum herum entwickelt hat.

Mit psychiatrischen Gutachten wird das Strafmass verringert; mildernde Umstände werden im Fall einer schweren Jugend oder wegen psychischer Labilität berücksichtigt. Das ist manchmal berechtigt, aber immer häufiger diskutabel. Ich nehme an, dass die Mehrheit der Menschen nicht gerade unter idealen Verhältnissen aufgewachsen ist.

 

"Immer seltener werden die Menschen
zur Rechenschaft gezogen."


Zu den mildernden Umstände ist zu sagen, dass sie der nachträglichen Entschuldigung der Tat gleichkommen, wobei in dieser Umschreibung schon die Befreiung von Schuld ausgedrückt ist.

Wir leben heute in Gesellschaften, in denen es immer seltener vorkommt, dass die Menschen für ihre Taten Verantwortung tragen müssen beziehungsweise zur Rechenschaft gezogen werden. Die Schuld wird auf andere abgeschoben. Das ist ein Fehler, der zur Regel geworden ist.

In Nizza ist kürzlich ein Bijoutier mehrmals ausgeraubt worden. Als es jetzt erneut geschah, erschoss er einen der beiden Täter, als dieser mit der Beute von 100'000 Euro flüchtete. Das Recht auf Selbstverteidigung wurde dem Bijoutier zunächst abgesprochen, aber die Geschäftsleute in Nizza, die unter der Zunahme von Gewalt schon lange leiden, solidarisierten sich mit ihm. Raubüberfälle und Einbrüche gehören an der Côte d'Azur zur Tagesordnung und werden immer brutaler. Möglicherweise liegt das an einer allzu laxen Rechtssprechung. Die Täter riskieren in der Regel nicht viel. Allenfalls ein paar Reitstunden ...

Nicht überraschend ist es daher, dass auch die am Überfall Beteiligten Unterstützung erhielten. Nach der Darstellung von dessen Bruder war der Nizzaer Täter arbeitslos und in Geldschwierigkeiten. In dieser Situation war es für ihn das Naheliegendste, an einen Raubüberfall teilzunehmen. Der Bruder schien sagen zu wollen: ist doch normal. Was soll schon schlimm daran sein? Einsicht in das begangene Unrecht war nicht zu erkennen und scheint etwas Schwankendes, Freiwilliges geworden zu sein. Damit gelangt die Resozialisierung an das Ende ihrer Vernunft.

Dass in Nizza ein Mensch ums Leben gekommen ist, wiegt schwer. Dem stehen eine zunehmende Kriminalität, mehr Aggression und Gewalt sowie andere Rechtsverletzungen gegenüber, die wie Naturphänomene hingenommen werden. Auch die Lage der Opfer ist eher selten ein Thema. Die Täter dagegen erfahren, wie die zitierten Beispiele zeigen, eine Fürsorge, die in keinem Verhältnis zu den Erwartungen der Öffentlichkeit steht.

Bleibt als Erklärung für die Kriminalität nur die wachsende Ungleichheit und Ungerechtigkeit. Auch das ist eine Delegation der Ursachen.

Wenn ich bei anderer Gelegenheit liederliche Banken, Abzocker, Profiteure oder betrügerische Geschäftsleute kritisiere, muss ich daher auch ein deutliches Wort sagen zur Klein- und Alltagsdelinquenz, die die Überwachungskameras dokumentieren. Die kriminellen Handlungen der Finanzindustrie erscheinen demgegenüber auf keinem Monitor, aber für sie muss das hier Gesagte genau gleich gelten. Denn in Frage steht der Rechts- und Gerechtigkeitsstaat.

23. September 2013
 Ihre Meinung zu dieser Kolumne
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)
Aurel Schmidt, Jahrgang 1935, war bis Mai 2002 Redaktor der "Basler Zeitung" (vorher "National-Zeitung"). Er war mitverantwortlich für das jeden Samstag erscheinende "Basler Magazin" und verfasste zahlreiche philosophische Essays, Reise-Reportagen, Kommentare und Kolumnen. Schmidt, der heute als Schriftsteller und freier Publizist in Basel lebt, machte sich auch als Autor mehrerer Bücher einen Namen: "Der Fremde bin ich selber" (1982), "Wildnis mit Notausgang. Eine Expedition" (1994), "Von Raum zu Raum. Versuch über das Reisen" (1998). Ausserdem liegen vor: "Lederstrumpf in der Schweiz. James Fenimore Cooper und die Idee der Demokratie in Europa und Amerika" (2002), "Gehen. Der glücklichste Mensch auf Erden" (2006), "Auch richtig ist falsch. Ein Wörterbuch des Zeitgeists" (2009). Zuletzt erschienen: "Die Alpen. Eine Schweizer Mentalitätsgeschichte" (2011). © Foto by OnlineReports.ch

aurel.schmidt@bluewin.ch

(Die Kolumnisten sind in ihrer Meinung frei;
sie braucht sich nicht mit jener der Redaktion zu decken.)
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/echo.gif

"Gerichte verhelfen Psychiatern zu grosser Kasse"

Die Therapie-Industrie blüht prächtig. Die Gerichte verhelfen den Psychiatern zu grosser Kasse. Warum wird in den Medien für die missliche und beschämende Lage der Opfer nicht mehr Raum eingeräumt? Warum sind Täter nicht für Opfer verantwortlich? Die Opfer sind oft sowieso lebenslänglich gezeichnet. An den Tätern kann jedoch viel mehr verdient werden.


Fritz Kunz, Therwil



"Die antiautoritäre Erziehung und ihre Folgen"

Herr Schmidt sie sprechen mir aus dem Herzen. Wenn ich auf gewisse Menschen zurückschaue die früher die antiautoritäre Erziehung propagierten, sehe ich heute das Resultat. Die Jungen von damals konnten machen was sie wollten, bekamen was sie forderten und wenn das nicht ging, dann halt mit Gewalt. Einstehen dafür mussten sie nicht, sie hatten ja die Eltern die alles wieder in Ordnung brachten. Darum wundert mich die Aussage:


"Nicht überraschend ist es daher, dass auch die am Überfall Beteiligten Unterstützung erhielten. Nach der Darstellung von dessen Bruder war der Nizzaer Täter arbeitslos und in Geldschwierigkeiten. In dieser Situation war es für ihn das Naheliegendste, an einen Raubüberfall teilzunehmen. Der Bruder schien sagen zu wollen: ist doch normal. Was soll schon schlimm daran sein? Einsicht in das begangene Unrecht war nicht zu erkennen und scheint etwas Schwankendes, Freiwilliges geworden zu sein. Damit gelangt die Resozialisierung an das Ende ihrer Vernunft."


Ja wenn wir alle in Schwierigen Situationen so reagieren haben wir das Chaos mit Mord und Totschlag ohne dass dafür jemand zur Rechenschaft gezogen wird. Ich begreife die Wut über die Masslosigkeit von Bänkern welche auch nicht zur Rechenschaft gezogen werden, aber das rechtfertigt keine Taten anderer krimineller Art um seine eigenen Probleme zu "lösen". Und einfach Renitent sein um dann ein schönes "Gefängnisleben" zu haben ist für alle anderen Straftäter eine Aufforderung zum Renitenten, so geht es ja auch nicht. Vielleicht sollten wir die vielen Psychiater von den Gerichten vernhalten und den gesunden Menschenverstand walten lassen.


Peter Isler, Basel



"Finanzkrise-Manager leben in Saus und Braus"

Die Verursacher der Finanzkrise von 2008 laufen immer noch frei herum und leben in Saus und Braus.


PJ Wassermann, Hersberg



"Längst überschritten"

Das Mass der Milde für Straftäter, wurde längst schon überschritten!


Heidi Gisi, Basel


www.onlinereports.ch
© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigenen Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

 

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Bais steht vor Gewissens-Entscheid"

OnlineReports.ch
Im Titel des Newsletter-Textes vom 18. April 2024 über die SVP-Basis.
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Auch Nomen sind Glückssache.

RückSpiegel

 

Klein Report nimmt die Recherche von OnlineReports über Roger Blums Buch über die Basellandschaftliche Zeitung auf.

Die BaZ bezieht sich in einem Artikel über die Zerwürfnisse in der Baselbieter SVP auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Kita-Krise im Baselbiet auf OnlineReports.

BaZ, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die OnlineReports-News über das geplante Ministertreffen in Basel auf.

Der Sonntagsblick zitiert OnlineReports in einer grossen Recherche über die Baselbieter SVP-Politikerin Sarah Regez.

Baseljetzt verweist im Bericht über Basler Schiffsunfälle auf ein OnlineReports-Video.

Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

Werbung







In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).