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Aurel Schmidt: "Seitenwechsel"

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Der Lauf der Dinge – eine allgemeine Betrachtung

Griechenland wird entmachtet und soll kommissarisch verwaltet werden. Die Medien berichten eher über die Krawalle in Athen als über die Folgen der EU-diktierten Sparbeschlüsse auf das Leben der Menschen. 130 weitere Milliarden – wie sollen die verzinst und zurückbezahlt werden? Mit den verlangten sozialen Einschnitten wird das Wirtschaftsleben abgetrieben. Wie es neu in Gang gesetzt werden könnte, dafür fehlen Ideen und Vorschläge.
 
Vielleicht sind sie auch gar nicht erwünscht. Denn dann gelingt es dem Finanz- und privaten Sektor, sich scheinrechtlich die öffentlichen Güter und Dienste (Wasser, Energie, Gesundheit, Bildung, auch Häfen) für ein Butterbrot anzueignen. Man muss kein Visionär sein, um zu sehen, was das bedeutet. Die Kleinwerkzeuge werden hervorgeholt, der Schraubenzieher eingesetzt, die Schere noch weiter geöffnet.
  
Wie es möglich ist, dass der Staat als untreuer Diener seine Spielschulden durch Veräusserung des Tafelsilbers zu begleichen versucht, das ist die grosse Frage. Ugo Mattei hat in "Le Monde diplomatique" auf das verfassungsrechtliche Manko hingewiesen, dass öffentliches Eigentum nicht in gleicher Weise geschützt wird wie Privateigentum. Die politischen Entscheidungsträger benehmen sich wie Eigentümer der anvertrauten Güter, nicht wie deren Verwalter.

Die Folgen sind, dass in Griechenland die einfachen Menschen für eine jahrzehntelange verfehlte Politik bezahlen müssen, die der Oberschicht zu gute gekommen ist, die ihrerseits nun ihr Vermögen in die Schweiz transferiert. 45 Milliarden sollen es nach der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) gewesen sein. Und Griechenland verfügt über keinen "Internal Revenue Service" wie die USA, um ausstehende Fluchtgelder bei Schweizer Banken einzutreiben.
 
Krisen- und Schuldenzeiten sind ideal geeignet, um die Gesetze zu verschärfen und zum Beispiel den Arbeitsmarkt zu reformieren. Der Begriff Reform hat meistens eine positive Konnotation. In diesem Fall ist es umgekehrt: Erworbene und erkämpfte Rechte werden abgebaut, der Kündigungsschutz gelockert, Löhne gedrückt, die Arbeitszeit verlängert. Menschen werden unter Bedauern und Berufung auf ökonomische Zwänge zu einer Reserve- und Verschiebemasse degradiert, um die Rendite zu garantieren.

Die politische Klasse entwickelt sich zu einer Agentur für eine umgekehrte Form der Wirtschaftsregulierung, und der seinem Ende zuneigende Nationalstaat gerät, nach einem Wort des polnischen Soziologen Zygmunt Baumann, immer mehr zu einem Polizeirevier, wo die Proteste der "99 Prozent" wie zum Beispiel im Zuccotti-Park aufgelöst werden, damit das verbleibende Prozent keine Einbussen hinnehmen muss (keine Busse tun muss).

Täglich können wir mitansehen, wie der Finanzsektor schleichend den Staat übernimmt und Einfluss auf die Fiskalpolitik gewinnt. Angela Merkel hat dafür den Begriff der "marktkonformen Demokratie" geprägt. Reines "Geschwurbel", müsste man dazu mit einem beliebten Ausdruck der NZZ sagen, die selber das Gemeinte messerscharf analysiert hat: China, Singapur oder Dubai würden zeigen, "dass materielle Fortschritte ohne Ausweitung der persönlichen und demokratischen Freiheiten möglich sind". Fortschritte für wen eigentlich? Als Restposten muss die Demokratie ungeniert zur Legitimation der politischen Handlangerdienste herhalten.
 
Umso klarer hat demgegenüber Michael Hudson in der FAZ unlängst die gegenwärtige Lage in Europa beschrieben: In der neoliberalen Gesellschaft führt die Finanzoligarchie einen "Krieg gegen das Volk", der den Kolonialkriegen früherer Zeiten gleicht. Staaten werden in die Schuldenabhängigkeit gedrängt und die Regierungen gezwungen, im Auftrag der Eroberer der eigenen Bevölkerung drastische Auflagen zu machen und mit dem Erlös aus Privatisierungen (siehe oben) die Gläubiger des Staates zu befriedigen. Unfair erlangter Reichtum werde auf diese Art privilegiert, sagt Hudson dazu.

Das ist eine erstaunliche Bemerkung, weil sie keiner politischen oder ökonomischen Argumentation folgt, sondern einer ethischen. Seit letztem Herbst kann man in der FAZ verfolgen, wie in ihrem Feuilleton-Teil unter Frank Schirrmacher in Vergessenheit geratene bürgerliche Werte und Tugenden mit kritischem Nachdruck vereidigt werden. Man denke: Fairness! Sehr ungewöhnlich in diesen Zeiten.

20. Februar 2012
 Ihre Meinung zu dieser Kolumne
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)
Aurel Schmidt, Jahrgang 1935, war bis Mai 2002 Redaktor der "Basler Zeitung" (vorher "National-Zeitung"). Er war mitverantwortlich für das jeden Samstag erscheinende "Basler Magazin" und verfasste zahlreiche philosophische Essays, Reise-Reportagen, Kommentare und Kolumnen. Schmidt, der heute als Schriftsteller und freier Publizist in Basel lebt, machte sich auch als Autor mehrerer Bücher einen Namen: "Der Fremde bin ich selber" (1982), "Wildnis mit Notausgang. Eine Expedition" (1994), "Von Raum zu Raum. Versuch über das Reisen" (1998). Ausserdem liegen vor: "Lederstrumpf in der Schweiz. James Fenimore Cooper und die Idee der Demokratie in Europa und Amerika" (2002), "Gehen. Der glücklichste Mensch auf Erden" (2006), "Auch richtig ist falsch. Ein Wörterbuch des Zeitgeists" (2009). Zuletzt erschienen: "Die Alpen. Eine Schweizer Mentalitätsgeschichte" (2011). © Foto by OnlineReports.ch

aurel.schmidt@bluewin.ch

(Die Kolumnisten sind in ihrer Meinung frei;
sie braucht sich nicht mit jener der Redaktion zu decken.)
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"Geldfaschismus"

Wir sollten diese Art von Macht ganz klar als "Geldfaschismus" bezeichnen. Denn Faschismus zeigt sich in immer neuen Formen - schon seit Jahrhunderten!


Peter Thommen, Buchhändler, Basel



"Sehr guter Artikel"

Ein sehr guter Artikel, die meisten Artikel betreffend Griechenland sind sehr einseitig.


Isolde Schmid, Basel



"Solarium, Sekt und Silikon"

Ich kann mich Armin Studer nur anschliessen. Wir müssen nicht mal nach Griechenland schauen, auch in unserer helvetischen Vorzeigedemokratie gibt es Oligarchen, die skrupellos agieren. Sie fördern damit angeblich "bürgerliche" Werte, wahren aber in Tat und Wahrheit nur die eigenen Interessen. Wirtschaft und Politik sind auch in der Schweiz untrennbar miteinander verstrickt. Gleichzeitig huldigen manche Medien immer mehr der SSS-Elite – Solarium, Sekt und Silikon. Das verkauft sich gut und lenkt so schön ab von den echten Problemen. Und weil es uns immer noch recht gut geht, können wir auf die Schuldenländer herabsehen. Wie lange noch?


Esther Murbach, Basel



"Das dumme Volk schläft"

Aurel Schmidt schreibt wieder einmal glasklaren Klartext. Nur, was nützt es, wenn das dumme Volk schläft und sich nur noch für Tschütteler und dafür, wer der oder die Beste und Schönste ist, interessiert.


Armin Studer, Frick


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"Bais steht vor Gewissens-Entscheid"

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Im Titel des Newsletter-Textes vom 18. April 2024 über die SVP-Basis.
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Auch Nomen sind Glückssache.

RückSpiegel

 

Das Regionaljournal Basel veweist in einem Beitrag über die Probleme der Kitas im Baselbiet auf OnlineReports.

Der Klein Report nimmt die Recherche von OnlineReports über Roger Blums Buch über die Basellandschaftliche Zeitung auf.

Die BaZ bezieht sich in einem Artikel über die Zerwürfnisse in der Baselbieter SVP auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Kita-Krise im Baselbiet auf OnlineReports.

BaZ, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die OnlineReports-News über das geplante Ministertreffen in Basel auf.

Der Sonntagsblick zitiert OnlineReports in einer grossen Recherche über die Baselbieter SVP-Politikerin Sarah Regez.

Baseljetzt verweist im Bericht über Basler Schiffsunfälle auf ein OnlineReports-Video.

Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.
 

Weitere RückSpiegel

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In einem Satz


Die Baselbieter Regierung hat Kathrin Choffat und Roger Müller als neue Mitglieder des Bankrats der BLKB für die laufende Amtsperiode bis Mitte 2027 gewählt. 

Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).